Und die Hubschrauber kreisen.

Sie schwirren überall: Kampfhubschrauber, Transporthubschrauber, Rettungshubschrauber. Erstere sind die schlimmsten, kaum zu ertragen. Transporthubschrauber sind manchmal notwendig, oft aber auch nicht. Rettungshubschrauber muss es geben, aber da kommt es auf die Situation an, ob ihr Einsatz dringend erforderlich ist.

Nein, nicht die fliegenden Fahrzeuge – ich spreche von Eltern. Dass die sich um ihre Kinder kümmern, ist ja normal. Jeder ist stolz auf sein Kind, das Allerbeste ist grade gut genug.

Aber Hubschrauber-Eltern setzen noch eins drauf: Sie kreisen ständig um ihre Kinder, kauen ihnen alles vor, nehmen ihnen Entscheidungen ab, anstatt sie selbst eine Lösung finden zu lassen. Sie kontrollieren ihre Kinder, lassen sie nicht aus den Augen, packen sie in Watte. Vollkommene Überbehütung, Rundum-Überwachung, Förderwahn und Verwöhn-Strategien machen es dem Nachwuchs – aber Achtung: später auch uns Eltern – leider nicht leichter.

Schon im Baby-Alter beginnt der Wettstreit: Meins hat schon so und so viele Zähne, es kann dies, es kann das schon, der Kinderarzt hat gesagt, dass es für sein Alter schon viel weiter als üblich entwickelt ist. Oder wenn sie von der befreundeten Pädagoginnen berichten, die prophezeit, hat dass es besser fürs Kind wäre, es schon ein Jahr vorher einzuschulen…

Weibliche Wesen mit Kindern haben ein ganz besonderes Talent, sich in Hubschrauber der unterschiedlichsten Sorte zu verwandeln. Mütter (natürlich gibt es Ausnahmen) können echt anstrengend sein.

Kampfhubschrauber.
Wahre Begebenheit. Ort: Sandkiste im Wiener Drasche-Park. Ein knapp 2jähriger spielt (wie 20 andere Kinder auch – mit ganz friedlich mit seinen Sachen, die die Mutter in einer großen Tasche von weißgottwoher angeschleppt hat. Er schnappt sich eine kleine Schaufel und füllt den Kübel an – verfolgt von den bösen Blicken einer älteren Dame (wahrscheinlich eine Oma).

Ganz nervös wird sie schon, die gute Frau. Bis sie schließlich ihrem Enkerl ins Ohr flüstert, dass der andere Bub seine Schaufel entwendet hat. Schluss mit sandmeditativen und friedlichen Zusammenleben in der Kiste. Der Bestohlene geht auf den 2jährigen los als hätte er ihm seine neue Lego-Feuerwehr weggenommen. Und warum? Weil der Oma-Kampfhubschrauber den Kleinen angestachelt hat. Ausbaden (und die Schaufel zurückerobern) lässt die Oma das Kind die wirklich tragische Situation dann selbst.

Häufig frequentierte Plätze für den Einsatz von Kampfhubschrauber-Eltern sind Kindergärten und Schulen. Denn schließlich hat das eigene Kind diverse Macken, die gepflegt werden wollen – und das teilen diese Kampfhubschrauber den Pädagoginnen mehrmals täglich mit. Aus Angst, ihre Schützlinge könnten einmal nicht im Mittelpunkt stehen.

Transporthubschrauber.
Es ist klar, dass Eltern oft für ihre Kinder Taxi spielen müssen. Besonders dann, wenn mehrere Kinder der Familie unterschiedlichen Hobbies nachgehen oder wenn es Auswärtsspiele des Fußballvereins gibt. Aber müssen Zweitklässler tatsächlich noch bis in die Klasse begleitet werden? Müssen Kinder, die einen Katzensprung vom Ziel entfernt wohnen, von A nach B begleitet werden? Wenn montags (vor allem bei Regen) wieder Stau vor der Schule herrscht oder freitags um halb 12 kein Parkplatz mehr vor dem Kindergarten frei ist – die Transporthubschrauber sind unterwegs!

Rettungshubschrauber.
Das Kind wird auf Schritt und Tritt verfolgt, um sich ja nicht die Knie aufzuschürfen – in der Wiese. Rettungshubschrauber warnen ihrer Kinder vor jeder möglichen „Gefahr“ (und damit meine ich ungefährliche Gefahren… eh klar, dass man einschreiten muss, wenn´s brenzlig wird). Kinder dürfen doch bitte Kratzer, Beulen und aufgeschürfte Knie haben, oder? Nebenbei ein kleiner Tipp für noch-nicht-Eltern: Legt euch schon mal einen Vorrat an bunten Biene Maja-, Drache Kokosnuss- oder Lillifee-Pflastern in allen möglichen Größen an, die wirken nämlich schon vor dem Auspacken Wunder!!

Selbst, wenn man daneben steht, kann dass Kind im selben Moment noch stürzen und voll mit dem Gesicht am Asphalt aufkommen. Oder beim allerersten Sprint und kurz darauffolgenden Bauchfleck auf dem Fliesenboden springt ein Stück vom oberen Schneide(milch)zahn ab. Oder beim Bau der Schleuse im Bach fällt ein riesiger Stein auf die Finger, die anschließend blau und grün gequetscht sind.

Oder beim Abreißen von einem Stück Tixo spießen sich die Zacken unter die kleinen Fingernägel. Oder beim Spielen am Pool wird durch die Terrassenumrandung ein zentimetertiefes Loch in den Fuß gerissen. Oder das Kind fällt blöd gegen einen Sessel und hat eine Platzwunde am Hirn, die nach der Blaulicht-Fahrt im Krankenhaus geklebt wird. Oder einfach nur beim Gehen läuft das Kind gegen einen Pfosten und bricht sich ein Stück Schneide(leider nicht mehr milch-)zahn ab. Auszug meiner persönlichen Erfahrungen aus neunjährigem Mutter-Dasein.

Kann passieren, obwohl man seinen elterlichen Pflichten sorgfältigst nachkommt. Solche Situationen sorgen einmal mehr, einmal weniger für einen ordentlichen Adrenalinschub. Aber solgang´s wieder gepickt oder genäht werden kann und wieder gut wird – wird´s unter „Erfahrung“ verbucht.

Hubschrauber-Eltern sind der Grund, warum ich Spielgruppen und sonstige Ansammlungen von Übermüttern immer gemieden habe. Kann schon sein, dass gleich Denkende unter ihnen sind. Die Masse, diese geballte Ladung an allwissenden „Erziehungsexperten“ (Eltern) macht mich nervös. Und selbst, wenn man solche Gruppen meidet – Heli-Eltern kann man einfach nicht entfliehen. Ich bevorzuge herrlich normale Eltern, wie ich sie glücklicherweise um mich habe.

Es wäre doch wirklich fatal, wenn die Kinder selbst – und damit meine ich auch schon Kleinkinder – ihre Erfahrungen selbst machen dürften (weil Überraschung, aus Erfahrung lernt man)!

Laissez-faire ist aber auch nix für mich – Kinder brauchen klare Grenzen, sonst hat man selbst verdammt schlechte Karten. Aber die Zwerge brauchen auch ausreichend Raum, in dem sie sich entfalten und die Welt auf ihre eigene Art und Weise entdecken können. Nur so lernen sie, zu vertrauen. Und haben sie was selbst vollbracht, sind sie auch unheimlich stolz.

Diese kleinen hypersensiblen und empfindsamen Wesen reagieren nämlich unheimlich auf das, was wir Eltern ausstrahlen – sei es Stress, Angst, Liebe oder Vertrauen. Deshalb, liebe Hubschrauber-Eltern, spart Sprit und kreist ein bisschen weniger – schenkt euren Kindern etwas mehr Vertrauen, gebt ihnen die Chance auf unüberwachte LEBENSzeit und die Möglichkeit, selbst Erfahrungen zu sammeln – und alles wird gut!

Harte Arbeit, ich weiß. Aber verpasst bloß nicht die beste Zeit für den Absprung aus dem Heli, sonst seid ihr verloren…

4 comments:

  1. Marion

    OMG bin ich auch so ein Monster?
    Ich finde es extrem schwer einen akzeptablen Mittelweg aus Glucke (schreibt man das so?) und cooler Mama zu finden.
    Natürlich will ich nur das Beste fürs Kind. Aber das zu schaffen ist wohl wirklich die viel besprochene und allseits gefürchtete Lebensaufgabe!!!

    1. wordpressadmin *

      wir sind doch alle ein bisschen hubschrauber…
      die, die ich meine – ich sag nur ben-ja-miiiiiiiin!

  2. Marion

    Dann gibt’s da aber noch die Drohnen!
    Die, die so tun als ob sie die Superhelden unter den Müttern sind und sich aber nicht um ihre Kinder scheren. Den lieben Kleinen jeden (materiellen) Wunsch von den süssen Augen ablesen und erfüllen damit sie dann ihre Ruhe haben.
    Die sind echt mies!!!
    Denen wird die eugendorfer Armee eines Tages den Krieg erklären…

  3. Martina

    Ich glaube auch in mir schlummert ein kleiner Hubschrauber, ein hoffentlich nur Mini -Hubschrauber, ein klitzekleiner aber doch ein Hubschrauber. Ein für meine Kinder unsichtbares Flugobjekt das versucht im richtigen Moment wieder abzuschwirren. 😉

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